BENTINCK, C.S.Catalogue d’une Collection de Medailles antiques, faite par la Csse Douair. de Bentinck, née Csse d’Aldenburg, Dame de Varel, Kniephausen et Doorwerth. Vollständiges Set des Sammlungskatalogs, vereint in 2 gleichartig gestalteten Einbänden. Beinhaltend: [I.] Premiére partie. Contenant: Les rois grecs et autres. Les consulaires en argent. Les empereurs en grand bronze. Les empereurs en moyen bronze. Les empereurs en petit bronze. Amsterdam (Erben von K. Eel) 1787. XII S., S. 1-726, diverse gestochene Abb. von Münzen im Text. [II.] Seconde partie. Contenant: les empereurs en argent. les peuples, iles et villes. Amsterdam (Erben von K. Eel) 1787. Titelblatt, S. 727-1122, diverse gestochene Abb. von Münzen im Text. [III.] Supplément aux catalogue d'une collection des medailles antiques, faite pa la Csse Douair. de Bentinck, née Csse d’Aldenburg, Dame de Varel, Kniephausen et Doorwerth. Amsterdam (Erben von K. Eel) 1788. XLII S., 1 Blatt, S. 1-241, sowie Anhang mit dem Titel: Medailles de mon catalogue Qui n'ont pas été gravées encore, & qui ont paru mériter de l'être. 39 S., mit Beschreibung und gestochene Abb. von 42 Münzen. Dekesel/Dekesel-De Ruyck -; Lipsius S. 37. Maroquin-Halbledereinbände, wohl der 2. Häfte des 19. Jahrhunderts, mit goldgeprägten Rücken, je einem goldgeprägtem Titelschild aus rotem Leder sowie einem goldgeprägten Bandzählungsschild aus grünem Leder, und je einem textilen Lesebändchen. Die Deckel außen bezogen mit Achatmarmorpapier, die Vorsätze aus Steinmarmorpapier. Das Leder leicht berieben, sonst befinden sich die Buchblöcke und Einbände in einem sehr ordentlichem Zustand, der Vorderschnitt am Fuß mit leichten Flecken. 4518 Gramm. (2)
Diese Veröffentlichung gelangte nicht in den Buchhandel ihrer Zeit, sondern wurde als reine Privatausgabe herausgebracht, die von der Autorin numismatisch Interessierten oder Persönlichkeiten aus ihrer gesellschaftlichen Sphäre bzw. ihrem persönlichen Umfeld überlassen hat.
Charlotte Sophie Gräfin von Bentinck (* 1715 in Varel, † 1800 in Hamburg) stammte aus dem reichsgräflichen Geschlecht des Hauses Aldenburg. Sie war eine gebildete, selbstbewusste, nach Unabhängigkeit strebende und schillernde Persönlichkeit, die ihre Interessen durchaus streitbar vertreten konnte.
Ihr Großvater Anton [I.] von Aldenburg (* 1633 in Kirchhatten, † 1680 in Varel) war der aus einer nichtehelichen, unstandesgemäßen Verbindung stammende einzige Nachkomme des regierenden Grafen Anton Günther von Oldenburg-Delmenhorst. Anton Günther versah seinen Sohn mit dem Familiennnamen Aldenburg (die alte dokumentierte Namensform des Geschlechternamens Oldenburg) und betrieb 1653 erfolgreich dessen Erhebung in den Reichsgrafenstand. Für eine standesgemäße Lebensführung übertrug er dem Filius diverse Rechte und Besitzungen, zu denen insbesondere das Amt Varel und die Herrschaft Kniphausen gehörten.
Bereits in der zweiten Generation der in Varel residierenden Aldenburger zeichneten sich indes finanzielle Schwierigkeiten ab, die den weiteren Schicksalsweg der Familie bestimmten. Anton II. von Aldenburg (* 1681 in Varel, † 1738 ebendort), der damalige Chef des Hauses und zugleich Vater der Charlotte Sophie, sah sich um 1730 aufgrund nicht eingelöster Hypotheken und weiterer, bei diversen Geldgebern kulmulierter Schulden gezwungen, einen Bürgen zu finden, der für die Begleichung sämtlicher offener Zahlungsverpflichtungen garantierte. Er fand ihn in Person des holländischen Staatsmanns Willem Bentinck (* 1704 in London, † 1774 in Den Haag), der als Ratspräsident der niederländischen Provinzen von Holland und Friesland in Den Haag residierte. Bentink drängte den Aldenburger, als Gegenleistung für seinen finanziellen Schutzschirm ihm dessen einzige und erbberechtigte Tochter zur Ehefrau zu geben. Die junge Frau widersetzte sich anfangs, schon allein deswegen, weil sie sich damals bereits zu ihrem Cousin, dem regierenden Grafen Wilhelm Albrecht von Schaumburg-Lippe hingezogen fühlte. Doch schließlich konnten ihre Eltern sie zur Heirat mit dem Niederländer bewegen. Der Eheschluss brachte dem Bräutigam auch die Verleihung des Reichsgrafentitels ein. Nachdem der kirchliche Segen 1733 über das ungleiche Paar gesprochen worden war, begleitete Charlotte Sophie als Gräfin Bentinck ihren Gemahl nach Den Haag. Sie führten dort eine reine Zweckehe, aus der 1734 und 1737 zwei Söhne hervorgingen, die die Fortführung des Hauses Bentinck-Aldenburg gewährleisteten. Als Anton II. von Aldenburg im Jahre 1738 verstorben war, trennte sich unsere Protagonistin von ihrem ungeliebten Ehemann, verließ Den Haag und begab sich zurück in ihre nordwestdeutsche Heimat. Über Jahre übte sie ihr alleiniges Regiment über die aldenburgischen Besitzungen aus und führte ein schillerndes Leben, in dem sie sich von ihren Bedürfnissen leiten ließ und und ihre intellektuellen Neigungen pflegen konnte. So nahm sie ihre Beziehung zu Graf Albrecht Wolfgang wieder auf, der mittlerweile in zweiter Ehe mit einer ihrer Jugendfreundinnen verbunden war und fortan mit beiden Frauen in einer Menage à trois im Bückeburger Schloss führte. Aus der Beziehung mit Sophie Charlotte gingen sodann zwei Söhne hervor, deren Namen und Lebensdaten in diversen Quellen unterschiedlich notiert sind. Der Erstgeborene war wohl Karl (vermutlich * 1740 in Varel, † 1813 in Sonneberg, Thüringen), ihm folgte einige Jahre später sein Bruder Carl Wilhelm (* 1743, † 1806). Aufgrund ihrer illegitimen Herkunft wurden sie nicht in das Haus Schaumburg-Lippe aufgenommen, stattdessen übertrug man ihnen fremde Familiennamen, Karl erhielt jenen des Landdrosten Clamor Johann Georg von Donop, Wilhelm den Erstnamen des Leutnants und Leibdieners Weisbrod. In Bückeburg lernte Charlotte Sophie auch den französischen Philosophen und Schriftsteller Voltaire kennen, mit dem sie weiterhin in brieflichen Kontakt stand und langjährigen gedanklichen Austausch pflegte. 1740 war die Scheidung von William von Bentinck offiziell erfolgt. Die förmliche Auflösung dieser Verbindung brachte die Geschiedene in erhebliche Kalamitäten, da sie den finanziellen Forderungen ihres vormaligen Gattens nicht hinreichend nachkam, die aus dem gemeinsamen Ehevertrag, aber auch aus dessen Ansprüchen als Hauptkreditgeber ihres Vaters Anton II. resultierten. Daraus erwuchs ein langjähriger Streit. Anfangs konnte sich Charlotte Sophie in dieser Auseinandersetzung der Unterstützung von Graf Albrecht Wolfgang bedienen. Als dieser jedoch 1748 verstarb, verlor sie ihren maßgeblichen Förderer und musste 1750 Schloss Bückeburg verlassen. Nun begann eine wechselvolle Zeit. Ihr weiterer Weg führte sie anschließend nach Berlin und an den Hof Friedrichs des Großen in Potsdam, wo sie abermals Voltaire begegnete. In der preußischen Hauptstadt wohnte sie bis 1753. Zur Lösung der Zwistigkeiten mit ihrem vormaligen Ehemann unterzeichnete sie 1754 eine Vereinbarung, in der sie zu Gunsten ihrer beiden gemeinsamen Söhne auf Varel und Kniphausen gegen Zahlung einer jährlichen Apanage verzichtete und damit auch auf ihren Wohnsitz. In Anbetracht dieses Verlustes führte sie ihr Weg nach Leipzig, wo sie von November bis 1755 lebte. 1757 verlor sie ihre nordwestdeutschen Besitzungen endgültig, sie blieben bis 1854 im Besitz der Familie Bentinck-Aldenburg. Noch im selben Jahr begab sie sich nach Wien, wo sie vergeblich gegen die Entziehung ihrer Erbgüter juristisch vorzugehen versuchte. Sie verließ Österreich 1758, reiste nach Venedig und begab sich sodann auf eine Italientour. Auf ihrem Rückweg nach Nordwestdeutschland besuchte sie Voltaire auf seinem bei Genf gelegenen Landsitz. 1761 konnte sie eine Wohnung im Schloss Jever beziehen. Seit 1766 lebte sie in Hamburg. Dort widmetete sie sich vornehmlich der literarisch-politischen Salonkultur. Auch blieb ihr hinreichend Muße zur Beschäftigung mit ihrer Bibliothek (Verzeichnis der 303 darin enthaltenen numsimatischen Publikationen, siehe Friedrich Schlichtegroll, Notice d’une collection de medailles antiques Grecques et Romaines, München 1815, S. 11-16) sowie mit ihrer Sammlung antiker Münzen und anderer archäologischer Objekte, die sie trotz ihrer widrigen Lebensumstände seit vielen Jahren aufgebaut hatte. Damit zählt Gräfin Charlotte Sophie zu den wenigen Frauen des 18. Jahrhunderts, die eine solche Passion in Eigenregie pflegte. Sie war in der numismatischen Szene vernetzt und hatte briefliche Kontakte mit ausgewiesenen Fachleuten, so mit Joseph Eckhel (* 1737, † 1790) in Wien (Daniela Williams, Charlotte Sophie Bentinck,Joseph Eckehel and numismatics. In; Virtus, Band 25, 2018, S. 127-143). Münzkäufe dürfte sie auch auf ihren ausgedehneten Reisen getätigt haben, so während ihres längeren Italienaufenthalts, aber auch infolge ihrer weitverzweigten gesellschaftlichen Kontakte dürfte sie an numismatisches Material gelangt sein. Beispielsweise läßt sich die Provenienz von einigen ihrer Stücke aus der Sammlung von Abraham Joseph Michelet de Vatimont d'Ennery (* 1709, † 1786) nachweisen, eines der Mitbegründers der Akademie in Metz (zu diesem Sammler siehe auch: Hadrien Rambach, Collectionneur Michelet D'Enneryy et le collectionisme au XVIIIe siècle. In: Bulletin de la Société Française de Numismatique 2021, 76 (4), S. 172-179), dessen Sammlung nach seinem Tode versteigert worden ist (Pascal François Joseph Gossellin/Jean Baptiste Louis “de“ Romé de L'Isle/Ch. Ph Campion de Fersan, Catalogue de son Cabinet des médailles antiques et modernes, principalement des inédites et des rares en or, argent, bronze etc. du cabinet de M. d'Ennery, écuyer. Paris 1788).
Charlotte Sophie von Bentinck konnte ihr hier offeriertes Werk 1787 und 1788 zur Veröffentlichung bringen. Die Kupferstichplatten für die Illustrationen des Supplementbandes soll ihr Sohn Carl Wilhelm Weisbrod gestaltet haben, den sie auf seinem Weg zum Zeichner und Radierer nach seiner Ausbildung in Stuttgart und Westfalen mit einem Stipendium in Paris gefördert haben soll. Möglicherweise besteht hier jedoch eine Verwechslung mit dem 1743 in Stuttgart geborenen und um 1806 in Verden an der Aller verstorbenen gleichnamigen Zeichner und Radierer (zu Letzterem siehe: Thieme/Becker Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Band 35, S. 310f). Ihre numismatische Bestände vermachte sie hingegen ihrem älteren Sohn Karl von Donop. Er baute die Kollektion beträchtlich aus und hinterließ sie seinen Erben, die sie 1852 an Heinrich Philipp Cappe (* 1799, † 1862) veräußerten (Mario Schlapke, Zwei keltische Münzen als Altfunde vom Dolmar. - ein Beitrag zur Gruppe der stark barbarisierten Athena-Nuke-Nachahmungen. In: Alt-Thüringen, Band 41, 2008/2009, S. 271-284, hier S. 276-278). Noch zu Lebzeiten ließ Cappe 1860 wenigstens den Großteil dieser Erwerbung des von Donop'schen numismatischen Nachlasses im Zuge der vom Buchhändler T. O. Weigel veranstalteten Auktion auflösen (Verzeichniss einer sehr bedeutenden Münz- und Medaillen-Sammlung, welche nebst einem Anhange von numismatischen Büchern und heralischen Sammlungen am 1. Juni 1869 versteigert wird. Siehe dazu den aufschlussreichen Kommentar in Numismatische Zeitung [Weißensee], 27. Jahrgang, Heft 4, S. 32: 'Die erste Abtheilung dieser Sammlung stammt aus dem Nachlasse des verstorbenen Hofrathes von Donop und ging von dessen Erben in die Hände des Rentiers Herrn Cappe in Dresden über '....). Daraus gelangte eine 52 Exemplare umfassende Partie griechischer Münzen ind Münzkabinett der Georg-August-Universität Göttingen.
; NUMISMATISCHE LITERATUR; MONOGRAPHIEN, SAMMELWERKE UND AUFSÄTZE; ANTIKE - ALLGEMEIN