ANONYMER VERSTEIGERER, CELLE/BORCHMANN, J.F. (Bearb.).Numo Phylacium a S. T. Gerhardo Woltero Molano liberi atque imperialis coenobii Luccensis Abbate, Molano-Boehmerianum, nostis reliquia, cum cura S. T. Justo Boehmero et ipso Luccensi abbate adauctum, Celle 1744. Beinhaltend: Doppelseitiges Titelblatt, 14 S. (Vorwort); 365 S. (Pars I. Continet nummos antiquos, graecos et romanos, impratorum, familiarun rom: provinciarum &c in speciales sectiones distinctos); 61 S. (Pars II. Continet bracteatos); 926 S, (Pars III. Nummos continet imperatorum, regum, principum, comitum &c, in commercio receptos); 486 S. (Pars IV. Continet nummos in commercio non receptos, vulgo, medagliones). Leitzmann S. 52 (unter Borchmann) und S. 50 (unter Boehmerianum Numophylacium). Ganzledereinband, wohl der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Der Rücken in älterer Zeit von einem Buchbinder meisterlich erneuert, das weitgehend erhaltene ursprüngliche goldgeprägte Rückenleder ist im Zuge der Restaurierungsmaßnahme auf den wieder hergerichteten Rücken aufgezogen worden. 1214 Gramm.
Gerardus Wolterus Molanus (latiniert: eigentlich Gerard Wolter van der Muelen, * 1633 in Hameln, † 1722 in Hannover) absolvierte von 1651 bis 1655 ein Studium der protestantischen Theologie und der Philosophie an der Juliusuniversität Helmstedt und setzte anschließend seine Studien in Straßburg fort. 1659 lehrte er Mathematik an der Universität Rinteln und setzte an der dortigen theologischen Fakultät seinen Werdegang fort als ordentlicher Professor, erwarb 1665 den Doktortitel in evangelischer Theologie und wurde schließlich zum Professor theol. primarius seiner Fakultät erhoben. 1671 trat er dem Konvent des lutherischen Klosters Loccum bei. Mit der Übertragung des Konsistoriums in Hannover 1674 übernahm er die Leitung des lutherischen Kirchenwesens im ganzen Herzogtum Braunschweig-Calenberg, die sich später auch auf das Herzogtum Lüneburg-Celle erweiterte. Sein geistlicher, aber auch sein weltlicher Einfluss erweiterten sich 1677 mit seinem Amtsantritt als Abt des Klosters Loccum. Zudem war er erster Land- und Schatzrat der Calenberger Landschaft. In seinen Mußestunden beschäftigte er sich in seinem in Hannover gelegenen Wohn- und Amtssitz mit seiner umfangreichen Privatbibliothek und seiner bedeutenden numismatischen Sammlung. Nach seinem Tod erbte sein Neffe Justus Christoph Böhme (siehe unten) seine materiellen Hinterlassenschaften. Die Molanus'schen Bücherbestände hatten einen Schätzwert von 12.000 Talern, seine Münzen- und Medaillenkollektion war gar auf 60.000 Taler veranschlagt worden. (Julius August Wagemann, in: Allgemeine Deutsche Biographie Band 22, 1885, S. 86-90). Die Sammlung Molanus[/Böhme] gelangte freilich nicht zur Versteigerung, da sie der Braunschweig-Lüneburger Kurfürst und britische König Georg II. geschlossen erwarb und damit die Basis für die heutigen numismatischen Bestände im Münzkabinett des Niedersächsischen Landesmuseums Hannover schuf.
Justus Christoph Böhmer (* 1670 in Hannover, † 1732 ebendort) unterzog sich ab 1697 in Jena einem weit gespannten Studium der Mathematik, Eloquenz, Geschichte, Ethik, Politik, der Theologie und der orientalischen Sprachen (Friedrich Koldewey, Geschichte der klassischen Philologie auf der Universität Helmstedt, Braunschweig 1895, S. 83). An der Universität Helmstedt lehrte er von 1697 bis 1722 diverse Fächer (1697-1700 Professor der Politik, 1700-1713 Professor der Eloquenz und Ethik, 1710-1722 Professor der Dogmatik in Helmstedt, 1711 Promotion), bevor er 1722 nach dem Tode von Gerard Wolter Molanus dessen Nachfolge als Abt des Klosters Loccum antrat und es bis zu seinem Ableben führte.
Auf dem doppelseitigen Titelblatt die zweizeilige handschriftliche Besitzersignatur AWH Cappe / Hildes. 1790. August Wilhelm Heinrich Cappe (* 1758 in Hildesheim, † 1843 ebendort, siehe https://sites.rootsweb.com/~txkendal/fherb.htm ) immatrikulierte sich 1777 an der Universität Helmstedt und studierte Theologie und Philologie in Helmstedt (Herbert Mundhenke [Bearb.], Die Matrikel der Universität Helmstedt. [Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen IX, Abt. 1] Hildesheim 1979, S. 258). Nach seinem Abschluss kehrte er heim in seinen Geburtsort. Dort erhielt er eine Stelle als Lehrer am Gymnasium Andreanum und stieg bis zum Konrektor dieser Schule auf. Als protestantischer Theologe übernahm er 1807 die Pfarrstelle in Groß Döhren und setzte 1814 in Eschershausen seine geistliche Tätigkeit als Pastor primarius an der Martinskirche fort. 1835 zog er sich vom Berufsleben zurück und verlegte seinen Wohnsitz wieder nach Hildesheim. Als Pensionär konnte er sich nun vermehrt um seine diversen Passionen kümmern, so der Freimaurerei, für die er sich seit seiner Aufnahme 1787 in die Loge 'Pforte zur Ewigkeit' zu Hildesheim über Jahrzehnte in verschiedenen Funktionen engagiert hatte. In Anerkennung seiner Verdienste war er 1807 zum Ehrenmeister ernannt worden (Georg Friedrich Menge, Geschichte der Freimaurerloge Pforte zum Tempel des Lichts in Hildesheim und der vor ihr daselbst bestandenen Logen, Hildesheim 1863, S. 266). Auch die Auseinandersetzung mit historischen Themen, insbesondere solchen der Geschichte des Hildesheimer Raumes, zählte zu Cappes bevorzugten Feldern. Der Erwerb des hier vorliegenden Auktionskatalogs der Sammlung Molanus dürfte durchaus darauf hindeuten, dass Wilhelm August Cappe auch für die Numismatik ein Interesse entwickelt hatte, zumal einer seiner Söhne, der Wollhändler Heinrich Phillip Cappe (* 1786 in Hildesheim, † 1862 in Dresden, siehe https//sites.rootsweb.com/~txkendal/fherb.htm) ein leidenschaftlicher Münzensammler war, dem wir etliche Monographien und Aufsätze zur deutschen Numismatik des Mittelalters und der Neuzeit verdanken. Es ist wahrscheinlich, dass dieser auch den Katalog der Sammlung Molanus aus dem väterlichen Erbe hat übernehmen können. Möglicherweise stammt der ein oder andere der inhaltsreichen handschriftlichen Einträge auf dem vorderen und hinteren Vorsatz (u. a. betreffs der Antikensammlung und den Katalog der Comtesse de Bentinck, Notizen über eine Parademedaille Friedrich Wilhelms I. von Preußen sowie über die Sammlung Molanus) aus der Hand von Philipp Heinrich Cappe.
Auf dem Spiegel des Vorderdeckels die dreizeilige Stempelung Oswald Weigel / Antiquariat und Auctions-Institut / Leipzig [hier nur rudimentär lesbar:] Königsstr. I. Oswald [Theodor] Weigel (* 1812 in Leipzig, † 1881 in Hosterwitz) übernahm 1839 das Geschäft, das sein Vater als Buchhänder, Antiquar, Auktionator und Verleger aufgebaut hatte. Den Verlag mehrte er um die Sachgebiete Kunstwissenschaft, Geschichte, Theologie und Naturwissenschaften.
Auf dem Titelblatt ferner in Bleistift die auf den 31.3. [wohl: 18]60 notierte (schwer entzifferbare) handschriftliche Erwerbsnotiz H Fritz [...] Schilling (Ded[it]: XII) / ... / Fh.
; NUMISMATISCHE LITERATUR; AUKTIONSKATALOGE UND LAGERLISTEN;