JOBERT, P.Einleitung zur Medaillen- oder Münz-Wissenschaft, zum Unterricht für diejenige/ welche zu einer gründlichen Erkenntnis sowohl der Antiquen / als Modernen Münzen / gelangen wollen, nach der letzten Pariser Edition, welche durch den Herrn Auctorem wieder übersehen, verbessert, und um ein merkliches, auch mit ganz neuen Entdeckungen in dieser Wissenschaft vermehret, heraus gekommen, aus dem Französischen ins Teutsche übersetzet, und mit den dazu gehörigen Kupfern versehen. Nürnberg (Peter Conrad Monath) 1738. Frontispiz, Titelblatt, 28 unpaginierte S. mit den Vorworten des Übersetzers, des Autors, den Buchdruckeranweisungen und dem Register, 488 S. mit dem Text, 24 unpaginierte S. mit dem Register, einige Vignetten, 11 gefaltete, über den Textverlauf verteilte Tfn. Dekesel/Dekesel-De Ruyck J36. Brauner Ganzleineneinband im Klein-Oktavformat, wohl des letzten Drittels des 20. Jahrhunderts, mit goldgeprägtem Rücken. 388 Gramm.
Dem Jesuiten Louis Jobert (* 1637 in Paris, † 1719 ebendort) verdanken wir eine Einführung in die Münzkunde mit dem Titel 'La science des médailles, Pour l'instruction de ceux qui commencent à s'appliquer à la connoissance des medailles, antiques & modernes', die erstmals 1692 in Paris verlegt wurde. Diese Veröffentlichung fand beim Publikum derart großes Interesse, dass sie abermals 1693, 1715 und 1739, also über den Tod ihres Autors hinaus, in der französischen Hauptstadt als überarbeitete Neuausgaben erschien. An diversen Druckorten im französischen Ausland gelangten seit 1695 Fassungen in der jeweiligen Landessprache in den Verkehr, einige auch etliche Jahre nach Joberts Ableben (auf Latein: Leipzig 1695; auf Englisch: London 1715; auf Deutsch: Leipzig 1718 und Nürnberg 1738; auf Niederländisch: Leiden 1728; auf Italienisch: Venedig 1738 und 1756, und schließlich auf Spanisch: Madrid 1777). Der Theologe Christian Juncker (* 1668 in Dresden, † 1714 in Altenburg, Thüringen) erarbeitete unter Zugrundelegung einer fremdsprachlichen Ausgabe dieses Werks die Übersetzung ins Deutsche, die freilich erst nach seinem Tode erschienen ist.
Durch das Vorhandensein mehrerer handschriftlicher Eignerkennungen und Exlibris lässt sich eine aufschlussreiche Besitzerfolge des hier offerierten Exemplars skizzieren, die uns von seinem Ursprungsland bis in die Vereinigten Staaten von Amerika und wiederum nach Deutschland führt.
Die älteste Provenienzangabe ist der auch auf das Erwerbungsjahr vermerkende handschriftliche Eigentumseintrag der Bibliothek der beim oberfränkischen Staffelstein gelegenen Benediktinerabtei Banz: Bibl: Abbat. Banth: 1747 (d. h. Bibliotheca Abbatiae Banthum). Spätestens anlässlich der Säkularisierung dieses Klosters dürfte das Buch in andere Hände gelangt sein.
Recto auf dem alten, wohl ursprünglichen vorderen Vorsatzblatt der auf das Jahr 1826 datierte handschriftliche Eintrag James Hall. Wenngleich entsprechende Namensträger im anglophonen Raum recht häufig nachweisbar sind, lässt sich dieser offenbar numismatisch Interessierte mit einer nahezu an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit identifizieren. Ein James Hall (* 1773 in Litiz, Lancaster County, Philadelphia, † 1861 in Allentown, Philadelphia) ist uns als Münzensammler überliefert (The Historical Magazine, and Notes and Querries, concerning The Antiquities, History and Biographies of America, Vol. 3, No. 3, New York 1862, S. 95, siehe auch: Joel J. Onosz, Joseph J. Mickley's Diary for 1852, in: American Journal of Numismatics 13, 2001, S. 95, mit Anm. 4). In jungen Jahren verlegte Hall seinen Wohnsitz von seinem Geburtsort nach Bethelem, Pennsylvania, 1825 oder 1826 ließ er sich schließlich in Allentown, dem Verwaltungssitz des Leheigh County nieder. Dort betreute er rund 6 Jahre lang das Amt für Nachlassverwaltung ('Office of the Register of Wills'), bevor er aus dem Berufsleben ausschied. So konnte er sich in den folgenden Jahren verstärkt seinen Steckenpferden, der Literatur und der Münzkunde widmen. Bereits im Alter von 15 Jahren hatte er mit dem Sammeln begonnen und sich über die Jahre hinweg ein ausgezeichnetes Wissen in dieser Materie erworben. Er war Ehrenmitglied der Numismatic Society of Philadelphia und stand in brieflichem Kontakt mit einigen ausgewiesenen europäischen Münzkundigen. Aufgrund seiner schwindenden Sehkraft entschloß er sich 1853 zum Verkauf seiner numismatischen Kollektion und seiner numismatischen Bibliothek.
Auf der Titelseite befindet sich ebenfalls der Besitzereintrag von John K Curtis aus dem Jahre 1859 (wohl das Erwerbungsjahr). Curtis war Juwelier und Händler numismatischer Objekte sowie Autographen und Kuriositäten. Sein Geschäft befand sich in der 83 Bleeker Steet in New York. 1859 ließ er einen Werbetoken mit seiner Firmenadresse prägen (Russel Rulau, Standard Catalog of United States Tokens, 1700-1900, 3. Auflage, Iola 1999, Nr. NY 180). Seine numismatische Verkaufsware offerierte er auch in Festpreiskatalogen (siehe z. B. seine Ausgabe 'A Catalogue of Ancient and Modern Gold, Silver, and Copper Coins & Medals of All Nations' aus dem Jahre 1862).
Auf das alte vordere Vorsatzblatt sind auch zwei bedruckte Zettel montiert, die auf den weiteren Weg dieses Buches hindeuten.
Das eine Papier trägt den Namen W. S. Appleton. William Summer Appleton (* 1840 in Boston, gestorben 1903) war ein Sprößling einer Familie der Upper Class seiner Heimatstadt, die an bedeutenden Handelsunternehmen beteiligt war. Zeitlebens Privatier, engagierte er sich in der Politik und im Kulturbereich. Als Abgeordneter im US-Kongress engagierte er sich über drei Wahlperioden hinweg für seinen heimatlichen Wahlkreis. Appleton wurde bereits 1859 in die New England Historic-Genealogical Society aufgenommen und der American Academy of Art and Sciences an. Als Gründungsmitglied der 1860 ins Leben gerufenen Boston Numismatic Society sowie als Mitglied der 1858 gegründeten American Numismatic Society übernahm Appleton Ämter in beiden Gesellschaften. Er besaß eine breit angelegte, qualitätvolle numismatische Sammlung, aus der einige Jahre nach seinem Tode einige Partien in Versteigerungen von Thomas Elder in New York und von Charles Steigerwalt in Lancaster/Pennsylvania gelangten. Auch seine numismatische Bibliothek soll durch Thomas Elder versteigert worden sein. Der Massachusetts Historical Society hinterließ er seine Sammlung von Medaillen, doch rund 60 Jahre nach seinem Tod gelangte auch sie zur Auflösung (Stack's Auktion vom 29. bis 31. März 1973). (Nekrologe: American Journal of Numismatics 37, 1903, S.126f; Proceedings of the American Academy of Arts and Sciences, 39, 1904, S. 638-648).
Unterhalb des Namenszettels von W. S. Appleton befindet sich auf dem alten Vorsatzblatt ein aufmontiertes kleines, annähernd quadratisches Papier mit dem Emblem der Boston Numismatic Society. Da es unter anderem die Textpassage 'Incorporated 1870' enthält, kann es frühestens in jenem Jahr entstanden sein. Dabei handelt es sich um einen Ausschnitt aus einem beschriebenen Blatt, möglicherweise von einem Briefkopf, da am unteren Rand noch die oberste Partie eines Schriftzuges in Tinte erkennbar ist. Dieser Ausschnitt dürfte daher kaum die Funktion eines Exlibris dieser Gesellschaft innegehabt haben.
Das jüngere vordere Vorsatzblatt trägt verso das motivreiche Exlibris für F. J. Holthaus / Seneca, Kansas / U.S.A. Franz Josef Holthaus (* 1876 in der Bauerschaft Mühlen [Oldenburger Münsterland], Großherzogtum Oldenburg, † 1970 in Seneca, U.S.A.) verließ 1891 seine Heimat und wanderte in die Vereinigten Staaten von Amerika aus (https: // www.auswandereroldenburg.de/getperson.php?personID=I7257&tree=Auswanderer ; http: // genealogytrails.com/kan/nemaha/ biosam.html). Nachdem er in verschiedenen Berufssparten an diversen Orten des Landes tätig gewesen war, ließ er sich in Seneca nieder und heiratete eine Farmerstochter, dessen Hof mitsamt 60 Hektar Land er später übernahm. 1904 fand er eine Stelle als Buchhalter bei der First National Bank und wurde 1907 Kassierer der Citizens State Bank of Seneca. Angeregt vom fremden Geld, das sein Vater von seinen Seereisen nach Hause gebracht hatte, war Holthaus schon seit seiner Kindheit dem Münzensammeln verfallen. Bereits 1896 war er für 8 Monate ins alte Europa zurückgekehrt, nicht nur seine deutsche Heimat zu besuchen, sondern auch numismatisches Sammlungsstücke aufzuspüren. Seine diesbezüglichen Erwerbungen waren so umfangreich, dass dabei so viele Dubletten anfielen, die ihn dazu bewegten, in den Münzenhandel einzusteigen. Er wurde früh Mitglied der American Numismatic Association und spezialisierte sich als Sammler auf Gold- und Silberprägungen der nordamerikanischen Kolonien, der U.S.A., von Oldenburg, Münster und Bremen sowie auf päpstliche Münzen, die er auch durch sein starkes Engagement an inländischen und ausländischen Versteigerungen zu vermehren suchte (Ralph Tennal, History of Nemaha County, Kansas, Lawrence 1916, S. 339-340).
Auf dem älteren Vorsatzblatt ist mit der in Kugelschreiber ausgeführten handschriftlichen Notiz Schulman 1126 / 6/69 die Erwerbung dieses Buches in Auktion [Nr. 64] der Hans M. F. Schulman Gallerie in New York am 6. Juni 1969, Los-Nr. 1126, dokumentiert.
Auf dem Spiegel des Vorderdeckels befindet sich als hier jüngstes Eignerzeichen dieses Buches das Exlibris für Hasso Schwänke.
; NUMISMATISCHE LITERATUR; MONOGRAPHIEN, SAMMELWERKE UND AUFSÄTZE; ALLGEMEINE NUMISMATIK