NOMISMA S.A., Auktion vom 14.7.1924 u.f.T., Thun.Catalogue 353. Collection Fürstenberg: Monnaies et médailles du Moyen-Age et des temps modernes. Série intéressante carolingienne et des Pays-Bas. 44 S., 4 Tfn. 845 Nrn. Orig.-Broschur. Der Umschlag mit Läsionen im Bereich des Rückens. Beigefügt: DR. HANS NUSSBAUM, Auktion vom 26.2.1934, Zürich. Vente Nomisma. Spezialsammlung von Münzen der Südlichen Niederlande und von Historischen Niederländischen Medaillen sowie solchen des Hauses Habsburg. Numismatische Bibliothek. 4 unpaginierte, 99 S., 43 Tfn. 2647 Nrn. Orig.-Broschur. 759 Gramm. (2)
Über die Firma Nomisma S.A. im schweizerischen Thun, Kanton Bern, konnte nur wenig in Erfahrung gebracht werden. Der hier offerierte Katalog Nr. 353 zur Auktion im Juli 1924 assoziiert aufgrund seiner hohen Nummerierung eine bereits längere Existenz dieses Unternehmens zum damaligen Zeitpunkt, was aber täuscht. Die folgenden Zeilen erläutern diesen Umstand und gehen auch auf die Zusammenhänge der Nomisma S.A. mit der von Hans Nußbaum veranstalteten Auktion ein. Wenngleich die damaligen Umstände und Vorgänge wohlmöglich einigen Zeitzeugen bekannt gewesen sein dürften, sind sie heute längst in Vergessenheit geraten (siehe auch unsere Anmerkungen in: Fritz Rudolf Künker eLive Premium Auction 399, Nr. 6746, Positionen 70, 223 und 224)Der juristische Vertreter der Nomisma S.A. war Charles Walter Fürstenberg, der im Jahre 1920 in die Schweizerische Numismatische Gesellschaft aufgenommen worden war (Schweizerische numismatische Rundschau Band 22, 1920, S. 352). Im Mitgliederverzeichnis der SNG ist er sodann als Privatier ('rentier') mit Wohnsitz in der Fusterie 4 zu Genf ausgewiesen. Über sein Vorleben lassen sich derzeit keinerlei Informationen ermitteln. Wenig später begegnet er als Inhaber der Münzenhandlung 'C. W. Fürstenberg' in Thun-Ried. Diese Firma hat nur wenige Spuren hinterlassen, bekannt sind ihre anno 1921 herausgegebenen Festpreiskataloge: Nr. 350 aus dem ersten Quartal, Nr. 351 vom März und Nr. 352 vom Mai jenes Jahres. Die hohe Zählung dieser Kataloge lässt darauf schließen, dass die Münzenhandlung 'C. W. Fürstenberg' entweder aus einer älteren, traditionsreichen Firma unbestimmter Lokalität hervorgegangen war oder aber deren Mantel übernommen hatte. Jedenfalls hat Fürstenberg mit der Numeratur seiner Festpreiskataloge an die Editionsfolge der 349 früheren Druckschriften eines anderen Unternehmens angeknüpft. Der Betrieb der Münzenhandlung 'C. W. Fürstenberg' währte offensichtlich nur kurz, spätestens seit der ersten Jahreshälfte 1924 dürfte er wohl geruht haben.
Stattdessen trat nun die 'Nomisma S.A.' auf den Plan, ebenfalls mit Sitz in Thun-Ried. Als juristischer Vertreter dieser Anonymen Gesellschaft ist Charles Walter Fürstenberg ausgewiesen, wie dies die Adressbuchausgaben für der Stadt Thun aus den Jahren 1925 und 1927 bezeugen (Offizielles Adress-Buch der Stadt Thun und Umgebung, Ausgabe 1925, Zug 1925, S. 15; dto., Ausgabe 1927, Zug 1927, S. 19). In den zitierten Adressbüchern befand sich Fürstenbergs damalige Thuner Wohnadresse in der 'Wart 31' (a.a.O. [1925], S. 37; a.a.O. [1927], S. 45), zudem wird er in der Ausgabe 1927 mit der Berufsangabe 'Numismatiker' aufgeführt. Die Nomisma S.A. trat mit ihrer Auktion vom 14. Juli 1924 und folgende Tage erstmals öffentlich in Erscheinung. Versteigert wurden mittelalterliche und neuzeitliche Münzen und Medaillen der 'Collectio Fürstenberg'. Der Auktionskatalog knüpft nicht allein in seiner Nummerierung nahtlos die Zählung der Angebotslisten der Münzenhandlung 'C. W. Fürstenberg' an, sondern erfasst auch einen Teil der zuvor in den Festpreislisten der C. W. Fürstenberg offerierten Ware. Ein Vergleich der Tafeln aller betreffender Publikationen lässt dies unschwer erkennen. Der Versteigerungskatalog war nicht nur die erste einschlägige Publikation der Nomisma S.A., sondern zugleich wohl auch die letzte, was bereits Theodore Vern Buttrey jr. in in seiner unpaginiereten Veröffentlichung der kommerziellen numismatischen Katalogbestände der Bibliothek des Fitzwilliam Museums vermutete (List of Numismatic Auction Catalogues and Fixed Price List, [part] M-Z, o. O., o. J., siehe dort unter Stichwort 'Nomisma S.A.').
Eine weitere aussagekräftige Quelle zur die Nomisma S.A. stammt aus dem Jahre 1935, als das Unternehmen bereits Sitz in Genf genommen hatte. Am 1. Oktober jenes Jahres wurde der Eigentümerschuldbrief vom 6. Juli 1921 ... im Betrage von Fr. 30.000, lastend auf der Besitzung der Firma Nomisma S.A. in Genf, Thun-Grundstück Nr. 2256, vom Thuner Gerichtspräsidenten für kraftlos erklärt (Monatsbeilage zu: Schweizerisches Handelsamtsblatt, 53. Jahrgang, Bern 1935, Nr. 231 vom 3.10.1935, S. 2451). Der Warenbestand sowie die numismatische Bibliothek der wohl bis zuletzt von Charles Walter Fürstenberg geführten Nomisma S.A. war zuvor im Februar 1934 im Zuge der von Hans Nussbaum in Zürich organisierten Auktion 'Vente Nomisma' liquidiert worden. Dieser Schluss ergibt sich nicht allein aus der Analogie des Namens des Fürstenberg'schen Unternehmenskontrukts mit der Bezeichnung der Nussbaum'schen Versteigerung, sondern auch aus der Tatsache der übereinstimmenden Identität bestimmter Münzen und Medaillen, die sowohl in den Katalogen 350-352 der C. W. Fürstenberg, dem Auktionskatalog 353 der Nomisma als auch im Zürcher Auktionskatalog auftauchen. Gemäß dem Titelblatt stammt das gesamte Auktionsgut aus einer Quelle ('Versteigerung im Auftrag des Besitzers').
Hans [Baruch] Nussbaum (* 1902 in Frankfurt am Main, gestorben 1939 in Frankreich) war ein Enkel des Frankfurter Münzenhändlers Leo Hamburger. Er war 1924 an der Universität in Frankfurt am Main mit seiner 1925 im Druck veröffentlichten Dissertation 'Fürstenporträts auf italienischen Münzen des Quattrocento' promoviert worden und war spätestens seitdem Mitarbeiter der Firma Leo Hamburger, zu deren Teilhaber auch sein Vater David Nussbaum (* 1879, gestorben 1944) zählte. Nachdem der Großvater 1929 verstorben war, führten David und Dr. Hans Nussbaum die Firma Leo Hamburger weiter. Der Herrschaftsantritt Hitlers bewog Hans bereits 1933 aus Deutschland in die Schweiz zu emigrieren. In Zürich fand er Aufnahme und eröffnete in angemieteten Räumen im ersten Stock der Bank Leu an der Bahnhofstraße 32 eine Münzenhandlung. Im folgenden Jahr veranstaltete er seine einzige Auktion in Alleinregie. 1939 kam er auf einer Reise nach Paris bei einem Flugzeugunglück zu Tode. Seinem Vater David, der noch für das Jahr 1936 als Inhaber der Firma Hamburger in Frankfurt ansässig verbürgt war (Schweizerische numismatische Rundschau 26 [Heft 3, 1936], S. 339), nun aber als Exilant ebenfalls in Zürich lebte, wollte die Verantwortung für die Firma seines Sohnes nicht übernehmen, einerseits aus Altersgründen, andererseits wegen seines Vorhabens, in die Nähe seiner in Los Angeles (U.S.A.) wohnenden Tochter zu ziehen. Auf Vermittlung seines ebenfalls in die Schweiz emigrierten Freundes, des Archäologen und Numismatikers Dr. Philipp Lederer überließ er die ca. 2000 Einzelexemplare umfassenden Bestände seines verstorbenen Sohnes auf Kommissionsbasis dem in die Vereinigten Staaten emigrierten vormaligen Berliner Bankier Edward Gans (* 1887, gestorben 1990), der bald nach seiner Ankunft in der Neuen Welt eine eigene Münzenhandlung in New York gegründet hatte und seinen numismatischen Handel später nach Berkeley, Kalifornien verlegte (Edward Gans, Berlin Banker to California Numismatist, 1887-1987. With an Introduction of Wofgang J. Heimpel. An Interview Conducted by Ora Huth, 1983-1987. Maschinengeschriebenes Manuskript, bewahrt vom Regional Oral History Office, The Bancroft Library, University of California, Berkeley, California, S. 65.; online veröffentlicht unter: https://digitalassets.lib.berkeley.edu/rohoia/ucb/text/berlinbankercali00gansrich.pdf).
; NUMISMATISCHE LITERATUR; AUKTIONSKATALOGE UND LAGERLISTEN;