KAROLINGER. KARL DER GROSSE, 768-814, KAISER AB 800. Die vierte Münzperiode Karls des Großen (Grierson/Blackburn Class 4), 812-814. Denar, unbestimmte Münzstätte (möglicherweise Köln). 1,55 g. KAROLVS IMP AVC Büste r. mit Lorbeerkranz und umgelegtem Mantel, darunter C//XPICTIANA RELIGIO Kirchengebäude. Depeyrot 1167; M./G. 315 (dort mit falscher Umschrift angegeben).
Von allergrößter Seltenheit. Wohl zweites bekanntes Exemplar. Fast sehr schön
Die Porträtdenare Karls des Großen mit dem Kaisertitel IMP(erator) AVG(ustus) anstelle des ansonsten üblichen REX FR(ancorum) gehören zu den großen Seltenheiten der Mittelalternumismatik und die Umstände ihrer Prägung sind immer noch rätselhaft. Darüber hinaus handelt es sich bei diesem Denar nicht um den häufigeren unbestimmten Typ ohne Münzstättensignatur sondern um den Buchstaben C unter der Kaiserbüste, der Köln zugeordnet wird. G. Depeyrot verzeichnet nur ein Exemplar des XPICTIANA-RELIGIO-Typs mit Münzstättensignatur C. Dieses Exemplar im Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin (Obj. Nr. 18202749) ist vom gleichen Vorderseitenstempel wie unser Stück geprägt worden.Die einfache Annahme, Münzen mit Kaisertitel stellen das Geld des Frankenreiches nach der Kaiserkrönung Karls des Großen am 25. Dezember 800 dar, erscheint nicht plausibel, da sie für den angenommenen Prägezeitraum 800-814 viel zu selten vorkommen. G. Depeyrot verzeichnet nur 16 Exemplare des XPICTIANA-RELIGIO-Typs und B. Kluge geht von circa 35 Exemplaren mit Kaiserbüste insgesamt aus.In der Forschung werden daher zwei Theorien diskutiert: Die erste geht davon aus, daß es sich um besondere Festprägungen anläßlich der Kaiserkrönung 800 handelt, während die wahrscheinlich seit 793/794 ausgeprägten „denarii novi“ mit Karolusmonogramm (Grierson/Blackburg Class 3) unverändert weitergeprägt wurden. Dieser Ansatz würde das außergewöhnliche Motiv der Kaiserbüste und die hohe Wertschätzung bei den Zeitgenossen erklären. Die zweite Theorie nimmt eine Prägung erst nach der Anerkennung der Krönung Karls des Großen durch den byzantinischen Kaiser im Jahre 812 an, was zumindest die Seltenheit der Stücke erklären könnte. Anhand des Bildmotivs der Rückseite lassen sich vier Gruppen unterscheiden: Die anonymen Exemplare mit einem Kirchengebäude (XPICTIANA RELIGIO), die Darstellung eines Stadttores (Arles, Rouen und Trier), die Darstellung eines Schiffes (Dorestad und Quentovic) und die Abbildung von Prägewerkzeugen (METALL GERMAN - von lat. „germanum“ = echt, wahr, rein / wahrscheinlich Münzstätte Melle). Bei den Exemplaren des XPICTIANA-RELIGIO-Typs lassen sich außerdem 3 Vorderseitenlegenden unterscheiden: 1. D(ominus) N(oster) KARLVS IMP(erator) AVG(ustus) R(ex) F(rancorum) ET L(angobardorum), 2. KARLVS IMP AVG und 3. Die auf unserem Stück zu lesende Umachrift KAROLVS IMP AVG. Einige Exemplare wie auch dieses präsentieren unter der Kaiserbüste Buchstaben, die als Münzstättensignaturen gedeutet worden sind (zuletzt: Simon Coupland, s. u., S. 224): C (Köln), F (Frankfurt), M (Mainz) und V (Worms). Diese Interpretation der Buchstaben als Bezeichnungen der Münzstätten wird von einem Teil der neueren Forschung jedoch für unwahrscheinlich gehalten.Wir freuen uns, Ihnen mit diesem Stück eine der großen Seltenheiten der karolingischen Münzgeschichte und der Münzprägung des Mittelalters überhaupt präsentieren zu dürfen.Literatur:• Coupland, S.: Charlemagne’s coinage: ideology and economy, in: Story, J. [Hrsg.]: Charlemagne - Empire and Society, Manchester 2005, S. 211-229.• Grierson, P.: Money and Coinage under Charlemagne, in: Braunfels, W. [Hrsg.]: Karl der Große. Lebenswerk und Nachleben. I. Persönlichkeit und Geschichte, Düsseldorf 1965, S. 501-536.• Grierson, P. / Blackburn, M.: Medieval european Coinage. I. The Early Middle Ages (5th-10th centuries), Cambridge 1986, S. 209-210.• Kluge, B.: Numismatik des Mittelalters. Handbuch und Thesaurus Nummorum Medii Aevi, Berlin / Wien 2007, S. 87-88.• Lafaurie, J.: Les monnaies impériales de Charlemagne, in: Comptes-rendus de l’académie des inscriptions et belles-lettres 1978, S. 154-176.
; DIE SAMMLUNG GÜNTHER JANSEN, U. A.; ;