FRIESE, T.
Müntz–Spiegel. Das ist: Ein New und Wol außgeführter Bericht von der Müntz, deren Anfang, Materia, Form, Korn / Schrot / Wehrt .../ mannigerley Art / Sorten und namen bey den Hebreern / Griechen / Römern / Teutschen und etlichen andern Nationen / auch von Pfunden / Lötigen Marcken / und andern alten Rechnungen. In vier Bücher zusamen gefasset / durch M. Tilemannum Friesen, zu Göttingen Bürgerm: Sampt einem nützlichen Tractat M. Cyriaci Spangenberg / vom rechten Brauch und Mißbrauch der Müntze. Frankfurt/Main (Johann Feyerabend) 1592. Titelblatt in Schwarz und Rot, mit Holzschnitt-Vignette, 16 unpaginierte, 266 S. inklusive der letzten S. mit der Druckermarke, diverse Holzschnitte mit Abb. von Münzen im Text. Dekesel F 14; Ulrich E. G. Schrock, Eine Druckvariante von Tileman Frieses 'Müntz Spiegel' von 1592. In: Münzen und Papiergeld Heft 12, 2006, S. 45-47, Druckvariante Abb. 8. Pappband, wohl des letzten Drittels des 18. oder des frühen 19. Jahrhunderts, mit Blauschnitt und altem handschriftlichen Rückentitel, die Deckel außen bezogen mit je einem Ausschnitt eines wohl im 16. Jahrhundert in Schwarz und Rot gedruckten zweispaltigen Textblatts. Das vordere fliegende Vorsatzblatt sowie das innere Bezugspapier des Rückdeckels mit Wasserzeichen; Gekrönter Doppeladler mit leerem Herzschild. Aufgrund der Entfernung einer Besitzsignatur ein kleiner schmaler, verso hinterlegter Ausschnitt auf dem Titelblatt. Kleine Tintenflecke am Vorderschnitt, die sich auch in entsprechender Positionierung am Rande des Titelblatts und der unpaginierten Blätter der Vorrede kaum wesentlich zeigen. Der Buchblock leicht fleckig, wenige Unterstreichungen im Text und einige wohl im 17. Jahrhundert notierte Anmerkungen, meist in der Peripherie außerhalb des Satzspiegels.
Auf der Textseite des vorliegenden Exemplars sind drei Besitzeinträge vermerkt: [1.] Sum Bastoff [?]; [.....] / [.........] / Sax. / 1610. [2.] Unidentifizierter Schriftzug oberhalb des schmalen Blattausschnitts. [3.] Wolff in Neustad.
'Der Göttinger Bürgermeister Tileman Friese ... hat in seinem 1588 verfaßten und 1592 erschienenen »Münzspiegel« als erster ein allgemeines Handbuch für Numismatiker geliefert, das im ersten Buche »von der Münz, ihrer Materie und Bereitstellung überhaupt« im zweiten und dritten Buche einen Abriß der Münzgeschichte des Altertums und Deutschlands des Altertums und Deutschlands im Mittelalter liefert und im vierten deutsche und außerdeutsche Münzgattungen bespricht' (Luschin von Ebengreuth, Allgemeine Münzkunde und Geldgeschichte, 2. Auflage, München/Berlin 1926). Diese erste, in deutscher Sprache gefasste, breit angelegte wissenschaftliche Darstellung zur Numismatik galt Generationen von Gelehrten, bildungshungriger Interessierter, aber auch Personen, die beruflich in die Herstellung von Münzen eingebunden waren, als einschlägige Informationsquelle. Ein gutes Bespiel für die langjährige hohe Wertschätzung von Frieses münzkundlicher Schrift bezeugt eine entsprechende Ausgabe dieses Titels als Bestandteil einer Sammlung von 16 Druckschriften aus der Zeit von 1568 bis in die siebziger Jahre des 17. Jahrhunderts, mit münz- und geldgeschichtlicher Thematik, die zuzüglich eines spätestens 1589 abgeschlossenen Manuskripts betreffs Münznominale und Rechnungsgelder, die um 1700, spätestens 1711, vom Buchbinder in einem Einband zusammengeführt worden ist (siehe: Ulrich E.G. Schrock, in: Münzfreunde Minden und Umgebung e. V. [Hrsg.], Minda Numismatica 2005, Minden 2005, S. 285-296, hier S. 285f). Die in jenem Sammelband enthaltenen handschriftlichen Besitzeinträge dokumentieren als Eigner u. a. den Helmstedter Universitätsprofessor für Politik Johann Werlhoff (* 1660 in Lübeck, † 1711), den in Clausthal tätigen Wardein, Münzmeister und Münzdirektor Johann Wilhelm Schlemm (* 1743 in Clausthal, † 1788 ebendort) sowie den in Kassel als Wardein und Münzmeister wirkenden Dietrich Heinrich Fulda (* 1748, † 1831).
Die Titelseite vom 'Müntz Spiegel' ist in zwei verschiedenen Druckvarianten bekannt geworden, die sich in der jeweils unterschiedlichen Farbgebung der beiden Textzeilen unterhalb der gestochenen Titelvignette auszeichnen. Beim hier offerierten Exemplar ist der Vermerk 'Mit Röm. Key. Maiest. Freyheit.' in roter Druckfarbe und der darunter befindliche Nachsatz 'Gedruckt zu Franckfurt am Mayn.' in Schwarz ausgeführt. Bei der anderen Variante ist hingegen die betreffende obere Zeile in schwarzer, die untere in roter Farbe gedruckt worden.
Tilman Frieses Lebenslauf ist nur mit größeren Lücken rekonstruierbar. Wohl im Laufe der zweiten Hälfte der 1530er Jahre im südniedersächsischen Northeim geboren, studierte er nach seiner 1553 erfolgten Immatrikulation an der Universität Wittenberg und erwarb dort den Titel eines Magister Artium. 1556 ist er an der Universität Marburg nachweisbar, 1560 erhielt er seitens der Stadt Göttingen das Bürgerrecht. Dort gehörte er von 1578 bis ins Jahr 1583 dem städtischen Rat an, bevor er anschließend den Posten des Bürgermeisters erhielt und sein Amt bis 1589 ausfüllte. Von 1594 bis 1598 hatte er abermals einen Sitz im Stadtrat. Für die darauffolgenden Jahre fehlen jegliche Zeugnisse zu seiner Person. In seinen Mußestunden widmete er sich dem Sammeln von antiken und postantiken Münzen, aus der er kleine Auswahl in seinem 'Münzspiegel' in Holzschnitten abbilden ließ (Peter Berghaus, Antike und völkerwanderungszeitliche Münzen bei Tileman Friese 1592. In: Noeske, H.-C./Schubert, H. [Hrsg.], Die Münze. Bild - Botschaft - Bedeutung. Festschrift für Maria R.-Alföldi, Frankfurt/Main 1991, S. 35-40). Friese hatte seine numismatische Darstellung bereits 1588 als Manuskript vorliegen, das er Interessierten bereitwillig zugänglich machte. Diese Arbeit gelangte es freilich erst 1592 in den Druck, nachdem Tileman Friese von dem Cyriacus Spangenberg (* 1528 in Nordhausen, † 1604 in Straßburg) dazu bestärkt worden war. Spangenbergs Unterstützung für den überregional kaum bekannten Tileman Friese beschränkte sich freilich nicht nur auf gutes Zureden. Vielmehr steuerte der damals schon durch seine theologischen und moralisierenden Veröffentlichungen sowie durch 'Mansfeldische Chronica' ausgewiesene evangelische Geistliche auch sein Traktat 'Vom rechten Gebrauch und Mißbrauch der Müntzen' bei, das zunächst an den Anfang des 'Müntz Spegel' gestellt werden sollte, jedoch letztendlich an den Schluss des Buches gelangte.