SALLY ROSENBERG, Sammelband mit den Katalogen 78-81.
Beinhaltend: Auktion 78 vom 30.1.1934, Frankfurt/Main. Versteigerungs-Katalog Nr. 78. Sammlung von Münzen und Medaillen, vorwiegend süddeutsche Prägungen. Neuere Doppeltaler, Doppelgulden und Taler. Deutsche Reichsmünzen aus der Sammlung des Herrn K. von Steinwehr, Köln. 54 S., 4 Tfn. 1869 Nrn. Auktion 79 vom 6.6.1934, Frankfurt/Main. Versteigerungs-Katalog Nr. 79. I. Münzen und Medaillen verschiedener Länder. II. Griechische u. Römische Münzen. III. Numismatische Bibliothek. 48 S., 8 Tfn. 1422 Nrn. Auktion 80 vom 14.11.1934 u.f.T., Frankfurt/Main. Versteigerungs-Katalog Nr. 80. Sammlung Franz Heerdt, Mainz II. Teil u. A.: I. Münzen und Medaillen verschiedener Länder. II. Medaillen auf Privatpersonen. 2 unpaginierte, 42 S., 4 Tfn. 1297 Nrn. Auktion 81 vom 21.2.1935, Frankfurt/Main. Versteigerungs-Katalog Nr. 81. I. Münzen u. Medaillen verschiedener Länder. II. Griechische und Römische Münzen. 2 unpaginierte, 59 S., 4 Tfn. 1766 Nrn. Halbleineneinband, wohl des zweiten Drittels des 20. Jahrhunderts, mit Eckbezügen und goldgeprägtem Rücken. Die Deckel außen mit marmoriertem Papier bezogen. Die Orig.-Schätzpreislisten sind den Katalogen 78 und 81 beigebunden bzw. den Katalogen 79 und 80 lose beigefügt worden. 1083 Gramm.
Die altdeutschen Prägungen (Nr. 1 bis 1053) des Auktionskatalogs 78 weist Detlef Tietjen der Sammlung Ernst Lejeune zu. [Emil] Ernst [Alfred] Lejeune (* 1870 in Frankfurt am Main, † 1944 ebendort), der, was die Numismatik betrifft, als wohl bedeutendste 'Frankfurter Sammlerpersönlichkeit in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts' gilt (Gisela Förschner, in: 75 Jahre Frankfurter Numismatische Gesellschaft, Frankfurt am Main 1981, S. 5). Er war Teilhaber der von seinem Vater gegründeten und nach diesem benannten Firma Eduard Lejeune, einer Bauholz- und Kohlenhandlung (Frankfurter Biographie 1, 1994, S. 451). In den dreißiger Jahren betrieb Ernst Lejeune auch eine Staatliche Lotterie-Einnahmestelle. Im Jahre 1906 initiierte er gemeinsam mit Sally Rosenberg die Konstituierung der Frankfurter Numismatischen Gesellschaft, zu deren Gründungsvorsitzendem er gewählt wurde, in dieser Funktion ihr mehr als 20 Jahre diente und später zu deren Ehrenmitglied erhoben wurde. Einen Großteil der deutschen Münzen seiner Sammlung veräußerte er 1939 dem Historischen Museum Frankfurt, wodurch das Münzkabinett dieser Einrichtung den Rang eines der bedeutensten in Deutschland erlangte. Mehrere Partien aus seiner Kollektion hatte er zuvor Sally Rosenberg zur Versteigerung überlassen, alle diese Auktionen erfolgten ohne Nennung seines Namens: Auktion vom 5.10.1905 (eine Serie deutscher Reichsmünzen, durchmischt von Fremdware), Auktion vom 7.11.1932 (griechische und römische Münzen der Antike), Auktion vom 30.1.1934 und folgende Tage (deutsche [vornehmlich süddeutsche] Prägungen). Nach dem Tod Lejeunes löste Dr. Busso Peus dessen numismatischen Nachlass im Zuge von vier Versteigerungen auf: Auktionen vom 9.11.1950 (numismatische Bibliothek), vom 15.3.1954 (Münzen des antiken Griechenlands, Roms, Byzanz' und der Merowinger), vom 14.6.1956 (Frankfurter Münzen und Medaillen) und vom 19.6.1961 (u. a. Westfalen, insbesondere Grafschaft Mark; Grafschaft Stolberg). Die Identität des K. von Steinwehr, dessen deutsche Großsilbermünzen des 19. Jahrhunderts in die Rosenberg'sche Auktion gelangten, ist nicht sicher zu fassen.
Angesichts der im 19. und frühen 20. Jahrhundert mitunter in einer Person vereinten Kongruenz des Sammelns von Münzen und von Insekten ließe sich bei dem im Titel desselben Katalogs genannten Sammler K. von Steinwehr an den Ingenieur Kurt von Steinwehr (* 1871 in Königsberg, † 1951 in Oerlinghausen) denken, der sich seit 1889 als eifriger Sammler von Käfern hervortat, zunächst in seiner ostpreußischen Heimat, nach seinem 1891 vollzogenem Umzug nach Köln in der preußischen Rheinprovinz. Bereits im Jahre 1900 stiftete er dem Kölner Naturkundemuseum eine abgeschlossene Spezialsammlung, um sich weiteren Käferarten zu widmen. 1936 schenkte er dem Museum Koenig in Bonn eine weitere Kollektion aus diesen Kerbtieren (http: // www.koleopterologie.de/arbeitsgemeinschaft/historie/biografien/gruender/steinwehr.html).
Der im Katalog 80 aufgeführte Sammler Franz [Christoph] Heerdt (* 1830 in Mainz, † 1887) betrieb über mehrere Jahrzehnte einen Kolonialwarenhandel in Mainz und besaß darüber hinaus ein Weingut in Hochheim am Main. Vermögend und mit einem ausgeprägten Interesse an der Mainzer Geschichte sammelte er jegliche historische Dokumente und Gegenstände mit Mainzer Bezug, denen er habhaft werden konnte, wie z. B. Archivalien, archäologische Objekte, Gemälde, graphische Blätter, Bücher oder eben Münzen und Medaillen. Gemäß des Vorworts des Versteigerers im dem hier offerierten Katalog hatte Franz Heerdt seine numismatische Sammlung seit den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts angelegt. Noch zu Lebzeiten ließ Heerdt 1883 eine Gruppe archäologischer Objekte versteigern (Westdeutsche Zeitschrift 6, 1889, S. 273; Günter Grimm, Die Zeugnisse ägyptischer Religion und Kunstelemente im römischen Deutschland, Leiden 1969, S. 17, Anmerkung 3). Nach Heerdts Tod ließ sein Schwiegersohn August Rössler die hinterlassenen Sammlungsbestände seines Schwiegervaters auf das in seinem Besitz befindliche Schloß Neuweiher unweit von Baden-Baden bringen. Dort blieben sie über Jahrzehnte unangetastet im Familienbesitz, mit Ausnahme einiger hervorragender Kunstgegenstände, die das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg erwerben konnte. Ein Teil der Münzensammlung gelangte 1933 durch Sally Rosenberg zur Auflösung (siehe den hier offerierten Auktionskatalog), eine zweite Partie (wohl der Rest) fand im November 1934 durch denselben Versteigerer neue Besitzer. Heute befinden sich nur noch 'geringe Reste' der Sammlung Heerdt auf Schloss Neuweiher, da spätere Generationen die jeweiligen nichtnumismatischen Sachgruppen (die Gemälde erst im Jahre 2014) nach und nach veräußert haben (Franz Stephan Pelgen, Die Mainz-Sammlungen des 'Rentners' Franz Heerdt, in: Wolfgang Dobras [Hrsg.], Eine Zeitreise in 175 Geschichten. Der Mainzer Altertumsverein 1844-2019. Mainzer Zeitschrift. Mittelrheinisches Jahrbuch für Archäologie, Kunst und Geschichte 114, Mainz 2019, S. 110f.).