1 BRAUNSCHWEIG UND LÜNEBURG. Friedrich Ulrich, Fürst von Wolfenbüttel (1613-1634): Unglücksrabe oder Unglücksbringer ?. Friedrich Ulrich, 1613-1634 Löser zu 2 Reichstalern 1625, Goslar oder Zellerfeld. Ausbeute der Grube St. Jacob in Lautenthal. Ohne Wertpunze; 57,26 g. Münzmeister Hermann Schlanbusch. È FRIDERICUS • ULRICUS • DEI • GRATIA • DUX • BRUNSUICENSIS • ET • LUNEBURG : Fünffach behelmtes, 11feldiges Wappen, r. wilder Mann mit Baumstamm als Schildhalter, oben die geteilte Jahreszahl 16 - 25//È ECCE METALLIFERI CHELYS ANTEA FELICTA IACOBI • NUC PTER MODUL : ARGETI ODER DONAT St. Jacob steht v. v. mit Pilgerstab und Buch auf blumenbewachsenem Boden, zu den Seiten Schrift, oben strahlender Name Jehovas, unten leere Kartusche, zu den Seiten: SINE DEO NIHIL - FELICITER SVCCEDIT. Dav. 56 a; Duve 13; Kluge (Slg. Preussag) 1; Müseler 10.2/50 c; Preussag Collection (Auktion London Coin Galleries/Künker 1) 44; Welter 1032.
Äußerst selten in dieser Erhaltung. Herrliche Patina, min. Schrötlingsfehler am Rand, vorzüglich +
Exemplar der Auktion Fritz Rudolf Künker 314, Osnabrück 2018, Nr. 5248.
St. Jacob (Jacobus) gehörte zum Kreis der zwölf Apostel und war später Schutzheiliger der Pilger. Der Legende nach soll er in Spanien gewirkt haben. Über seinem angeblichen Grab wurde eine Kirche erbaut, um die herum die Stadt Santiago de Compostela entstand, die bereits seit dem Mittelalter einer der bekanntesten Wallfahrtsorte der Christenheit ist.
Zu den wichtigen Ereignissen während einer herzoglichen Regentschaft gehörte, dass man im Harzer Bergbau auf eine neue ertragreiche Erzader stieß, die dem Herzog insbesondere einen reichen Zufluss von Silber einbrachte. Im Jahre 1623 hatte Friedrich Ulrich die St. Jacob-Grube im Lautental unter seine Kontrolle gebracht und Geld investiert. Dadurch konnten der sonst wenig glückliche Herzog und seine Mitinvestoren in den nachfolgenden Jahren nennenswerte Erträge an Silber verzeichnen.
Auf den im Jahre 1625 geprägten Wolfenbütteler Ausbeutelösern des Friedrich Ulrich sind um das Bild des Hl. Jacobus in einer äußeren Umschrift zwei Hexameter platziert: ECCE METALLIFERI CHELYS ANTE AFFLICTA IACOBI NŨC P̃TER MODULLos) ARGẼNTI PÕDER?(a) DONAT. Das richtige Lesen und Verstehen der beiden Verse sind nicht ganz leicht, da im zweiten Hexameter zahlreiche Abkürzungszeichen verwendet werden. Die Striche, die über einem Vokal stehen, bezeichnen den Ausfall eines nachfolgenden N. Das geht auf eine alte Tradition zurück, da das N schon im klassischen Latein nasaliert gesprochen wurde, weshalb das Wort consul mit cos. Abgekürzt wurde. Ein Strich über dem P von PTER zeigt an, dass dort die Präposition P(rae)TER zu lesen ist (eine sogenannte Binnenkürzung), ein Doppelpunkt hinter MODUL bezeichnet den Ausfall von -os (nicht von -um, was metrisch nicht möglich ist) und hinter PÕDER bezeichnet ein Punkt den Ausfall eines -a. Die beiden Hexameter sind demnach folgendermaßen zu lesen:
ecce metalliferi chelys ante afflicta Iacobi
nunc praeter modulos argenti pondera donat.
Sieh, wie des erzreichen Jakobs zuvor beschädigte Laute
über die Lieder hinaus heute Pfunde an Silber bescheret.
Es handelt sich um zwei hochgelehrte und graziöse Verse in Humanistenlatein. Das griechische Wort ,chelys‘ geht auf eine vermutlich mittelmeerische, d.h. vorgriechische Bezeichnung für Schildkröte zurück. Indem der Gott Hermes einen Schildkrötenpanzer mit Saiten aus Rinderdarm überspannt habe, soll er das erste Saiteninstrument erfunden haben. ,Chelys‘ wurde schließlich zu einem Namen für verschiedene Saiteninstrumente. In diesem lateinischen Humanistenvers bezeichnet es die Laute. Es spielt auf den Namen des Baches an, in dessen Tal die Erzgrube St. Jakob lag an. ,afflicta‘/zuvor beschädigt weist darauf hin, dass Herzog Friedrich Ulrich die St. Jacobs-Mine im Lautental erst hatte sanieren müssen, bevor sie größere Mengen an Silber liefern konnte. Bildlich formuliert: Die Laute des Hl. Jakobs war wieder bespielbar geworden und brachte wieder klangvolle Weisen hervor. In der inneren Umschrift ist zu lesen : SINE DEO NIHIL – FELICITER SUCCEDIT/Ohne Gott nimmt nichts einen glücklichen Ausgang. Mit Hintersinn ist das Wort ,succedit‘ verwendet, das zunächst ,von unten heraufsteigen‘ bedeutet und auf das Erz, das aus der Erdtiefe gefördert wird, bezogen werden kann.
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