AR-Stater, 380/370 v. Chr.; 10,87 g. Zwei Ringer, dazwischen ΕΥ//Schleuderer r., davor Triskelis, unten Astragal; drei runde Gegenstempel: Ziege r., Adler l. und Vierfüßer r. (?).
SNG France 3, 1922 (stempelgleich). RR Herrliche Tönung, vorzüglich, Gegenstempel sehr schönExemplar der Sammlung Hans von Aulock, Nr. 5258.
Das Münzbild von zwei Ringern stammt ursprünglich aus Aspendos, wurde aber von Selge und Etenna übernommen. Den Hintergrund für deren Darstellung in Aspendos bilden offensichtlich mythische Traditionen über die Gründung der Stadt: Ein griechischer Stadtgründer ringt mit einem einheimischen Heros; der griechische Sieger bekommt als Siegespreis das Land und kann eine griechische Stadt gründen. Da der Ringkampf bei den Pisidern mit Begeisterung betrieben wurde, konnten auch pisidische Städte dieses Bild für ihre Münzen übernehmen; möglicherweise gab es aber auch bei ihnen eine mythische Ausdeutung.
Auch die Schleuderer-Darstellung ist aspendisch. Die Stadt Aspendos wollte ihren kleinasiatischen Namen griechisch deuten und verstand ihn volksetymologisch als ,(Stadt) mit Schleuderer‘. Auch Selge konnte sich als ,Stadt mit Schleuderer‘ verstehen, weil die Schleuder bei den Hirten des pisidischen Berglandes eine gern gebrauchte und gut beherrschte Waffe war, so dass sich pisidische Schleuderer öfter in den Heeren der hellenistischen Könige fanden; vgl. M. Korfmann, Schleuder und Bogen in Südwestasien von den frühesten Belegen bis zum Beginn der Stadtstaaten, Bonn 1972. Der Astragal weist daraufhin, dass in Selge Astragalomantie, d. h. Weissagung mit Knöcheln, betrieben wurde. Ein Astragalorakel ist in Selge gefunden worden, vgl. J. Nollé, Kleinasiatische Losorakel. Astragal- und Alphabetchresmologien der hochkaiserzeitlichen Orakelrenaissance (Vestigia 57), München 2007, 217-220 und zu den Münzen R.H.J. Ashton. Astragaloi on Greek Coins of Asia Minor, Archimède: archéologie et histoire ancienne, 2019, 113-126, bes. 117 f. [JN]
The motif with the two slingers originally comes from Aspendos, but was adopted by Selge and Etenna. The decision to depict the slingers on coins from Aspendos was clearly inspired by the city’s mythical founding traditions: A Greek city founder fights a local hero with a sling and, having won, the Greek victor receives the land as a prize and founds a Greek city. As slinging was popular among the Pisidians, Pisidian cities were also able to adopt this motif for their coins; they may also have had a mythical interpretation of it.
The depiction of the slinger is also Aspendian. The city of Aspendos wanted to give a Greek interpretation to its Asia Minor name and understood it in a folk etymological sense as ‘(city) with slingers’. Selge could also be considered a ‘city with slingers’, as the sling was a popular and well-mastered weapon among Pisidian highland shepherds. Consequently, Pisidian slingers often made their way into the armies of Hellenistic kings; cf. M. Korfmann, Schleuder und Bogen in Südwestasien von den frühesten Belegen bis zum Beginn der Stadtstaaten, Bonn, 1972. The astragal indicates that astragalomancy, i.e. divination using knucklebones, was practiced in Selge. An astragal oracle has been found in Selge; cf. J. Nollé, Kleinasiatische Losorakel. Astragal- und Alphabetchresmologien der hochkaiserzeitlichen Orakelrenaissance (Vestigia 57), Munich 2007, 217-220; and on the coins cf. R.H.J. Ashton. Astragaloi on Greek Coins of Asia Minor, Archimède: archéologie et histoire ancienne, 2019, 113-126, spec. 117 f. [JN]