DR. JACOB HIRSCH, Sammelband mit den Katalogen 17 und 30-32.
Beinhaltend: Festpreiskatalog 17 vom Februar 1907, München. No. XVII. Verzeichnis von Münzen und Medaillen (Antike, Mittelalter, Neuzeit) und numismatischen Werken mit beigesetzten Verkaufspreisen. I. Abteillung: Griechische Münzen (Hispania bis Euboea). München 1907. 4 unpaginierte, 115 S., etliche Abb. im Text. 1856 Nrn. Auktion 30 vom 11.5.1911 u.f.T., München. [Katalog] No. XXX. Griechische und römische Münzen aus dem Besitze des Rev. Percy Barron (Whyteleafe) und eines bekannten englischen Gelehrten. 4 unpaginierte, 103 S., 39 Tfn. 1298 Nrn. Auktion 31 vom 6.5.1912 u.f.T., München. [Katalog] No. XXXI. Griechische, römische und byzantinische Münzen aus dem Besitze von Commerzienrat H. H. Gutekunst in Stuttgart, Albert Niess in Braunschweig, T. W. Barron, Yew Tree Hall, Forest Gate (Essex) und aus hohem englischen Adelsbesitz. 4 unpaginierte, 155 S., 38 Tfn. 2394 Nrn. Auktion 32 vom 14.-15.11.1912, München. [Catalog] No. XXXII. Hochbedeutende Sammlung Griechischer Münzen, vorzugsweise von Sicilia aus altem Besitz sowie numismatische Bibliothek des Herrn Gustav Philipsen, Kopenhagen. 4 unpaginierte, 58 S., 23 Tfn. 758 Nrn. Halbleineneinband, wohl des dritten oder vierten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts, mit einem von Hand beschriebenem Rückenschild. Die Deckel außen bezogen mit Achatmarmorpapier. Die vorderen Deckblätter der Orig.-Broschen der Auktionskataloge sind an den ihnen gebührenden Positionen mit eingebunden worden. 2457 Gramm.
(Robert) Percy Barron (* 1853, † zwischen 1916 und 1944), Sohn eines Mediziners, besuchte vom Januar 1866 bis März 1871 die traditionsreiche, 1541 in Durham (Nordostengland) gegründete Durham School. Anschließend immatrikulierte er sich am Queen's College in Oxford, wo er 1874 den Bachelor of Arts und 1878 den Magister Artis erwarb. Schon 1877 wurde er zum Diakon der Anglikanischen Kirche in Rochester, Kent, ernannt (The Ecclastical Gazette or Monthly Register of the Affairs of the Church of England and of its religious Societies and Institutions XXIX, 1877, Ausgabe vom 16. März 1877, S. 123), wodurch er auch den Titel 'Reverend' führen konnte. Von diesem Jahr bis 1882 arbeitete er, 1878 zum Priester in St. Albans, Hertfordshire (The Ecclesiastical Gazette 12. April 1878, S. 122) ordiniert, als Seelsorger der Kirche St. Peter in Colney, Hertfortshire. Schließlich leitete er die unweit St. Albans gelegenen College-Vorbereitungsschule (prepatory school) Tyttenhanger Lodge und zog sich 1897 in den Ruhestand zurück. Spätestens seit dem Jahre 1912 lebte er unter der Adresse Warlingham Grange in Whyteleafe, Surrey, wo er auch noch im Jahre 1916 residierte (The Gardener’s Chronicle 1916, S. XIII). Spätestens dort konnte er seine privaten Interessen pflegen, zu denen neben der Numismatik auch die Geologie zählte (Aufnahme in die Geologist’s Association London, siehe Proceedings of the Geologist’s Association 1908, S. 6). In einer Notiz vom 4.11.1944 begegnet der (verstorbene) 'late Revd. Robert Percy Barron M. A.' in einer als Vater des von einem Einsatz bei einem zu Tode gekommenen Wing Commander Oswald James Milman Barron. Kompakte biographische Informationen zu R. P. Barron, siehe: Charles S. Earle/Lawrence A. Body, Durham School Register. 2. Ausgabe, London 1912, S. 222f.
Heinrich Gottlieb Gutekunst (* 1833 in Stuttgart, † 1914 ebendort) war ein arrivierter Kunsthändler und -auktionator, der schon in seinen frühen Jahren für eine der führenden Kunsthandlungen ihrer Zeit in ihrem Stammsitz Paris und als Leiter ihrer Niederlassung in London gearbeitet hatte. In den 1860er Jahren gründete er in Stuttgart die 'Kunsthandlung H. G. Gutekunst', deren Arbeitsfelder Arbeiten auf Papier, insbesondere die Graphik, Holz- und Kupferstiche, bildeten. Der erste Lagerkatalog seiner Firma erschien zum 1. Oktober 1864, die erste Auktion veranstaltete er im Oktober 1868. Daneben eröffnete er sich einen weiteren Geschäftszweig, nämlich dem Verlag von qualitätvollen Reproduktionen von Graphikblättern alter Meister in Originalgröße zu Vergleichs- und Dekorationszwecken für eine breitere Kundschaft. Im Laufe weniger Jahre konnte Heinrich Gottlieb Gutekunst sich im internationalen Kunsthandel etablieren, im Hinblick auf den Handel mit Kupferstichen wurde 'Stuttgart der eigentliche Vorort des Kunsthandels in Deutschland' (Albert Lichtwark). Gutekunst pflegte Kontakt mit zahlreichen bekannten, ja hochberühmten Sammlern, so auch mit Baron Adalbert von Lanna, aus dessen Sammlung von Druckgraphik und Zeichnungen er 1909 eine hochqualitative Auswahl versteigern konnte, darunter eine Vorzeichnung Albrecht Dürers zum Kupferstich 'Adam und Eva', die sich der New Yorker Bankier J. Perpont Morgan mit einem Zuschlagpreis von 65.000 Goldmark sichern konnte. Nach seiner 66. Auktion zog sich Heinrich Gottlieb Gutekunst 1910 in den Ruhestand zurück und überließ die Leitung der Kunsthandlung seinem langjährigen Mitarbeiter Richard A. Gaiser, der sie einige Jahre sehr erfolgreich führte, doch bereits 1915 infolge eines Verkehrsunfalls vetstarb. Gutekunsts Söhne Otto und Richard hatten sich bereits zuvor, ein jeder für sich, in London als Kunsthändler selbstständig gemacht. Der Erste Weltkrieg machte dieser Tätigkeit in Großbritannien ein Ende, doch 1919 gründete Richard in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit dem Kunsthistoriker und -händler August Maria Klippstein die Firma 'Gutekunst und Klippstein' in Bern, deren Handel sich auf alte und bald auch auf neue Graphik konzentrierte. Daraus ist die heutige Firma Galerie Kornfeld Auktionen AG hervorgegangen. Heinrich Gottlieb Gutekunst brachte seine numismatische Privatsammlung in mehreren Partien durch diverse Auktionshäuser wieder auf den Markt: bei Adolph Hess am 25.10.1881 und am 21.6.1886 in Frankfurt am Main, bei Leo Hamburger am 9.12.1902 und am 10.12.1902 in Frankfurt am Main und bei Jacob Hirsch am 7.11.1910, am 6.5.1912 und am 5.5.1914 in München.
Albert (Louis Wilhelm) Nieß (* 1832 in Braunschweig, † 1913 ebendort) leistete nach seiner Lehre und Gesellentätigkeit im Jahre 1866 die Prüfung zum Zimmermeister erfolgreich ab und übernahm bald auch den väterlichen Brunnenmacher- und Röhrenbohrbetrieb. Seine menschlichen und handwerklichen Qualitäten fanden 1896 Anerkennung durch die Wahl zum Obermeister der Baugewerksinnung. Er engagierte sich auch politisch, seit 1876 als Mitglied der Stadtverordnetenversammlung seiner Heimatstadt und seit 1903 als Abgeordneter der Landesversammlung. Zudem war er Mitglied zahlreicher Braunschweiger Vereine und Gesellschaften, wo er auch sein soziales Engagement bewies. Aus seiner Feder stammen diverse Erzählungen, Märchen, Reiseskizzen und Gedichte, die er in unterschiedlichen Periodika veröffentlichte. 1889 edierte er ein Liederbuch für das Baugewerbe, das traditionelle Gesänge, aber auch eigene Kompositionen und Texte beinhaltete. Briefliche Kontakte pflegte er mit dem Schriftsteller Theodor Storm, dem Mediziner, Zoologen und Philosophen Ernst Haeckel und dem Rechts- und Staatswissenschaftler Georg Schanz. Auf seinen Reisen nach Italien, Griechenland und Ägypten konnte er auch seiner numismatischen Passion nachgehen und dort nach neuem Nachschub für seine Sammlung Ausschau halten. 1889 übereignete er 69 Prägungen der römischen Kaiserzeit der Herzoglichen Münzsammlung in Braunschweig, ein substantieller Teil der 'gewählten' Sammlung Römischer Münzen von Albert Nieß (dort: 'Niess') wurde durch Adolph Hess in dessen Auktion vom 21.-22.4.1890 in Frankfurt am Main versteigert. Dr. Jacob Hirsch versteigerte in seiner Auktion vom 6.5.1912 u.f.T. den bis dato bei seinem Besitzer verbliebenen Teil der Sammlung.
Der Arzt und Chirurg Thomas Walter Barron (* 1850 in Gosforth, † 1932 in Nurnham, Somerset) immatrikulierte sich zunächst an der Universität Aberdeen und setzte sein Studium 1869 am Gonville and Caius College der Universität Cambridge fort, wo er diverse akademische Titel erwarb (Bachelor of Arts 1873, Bachelor of Medicine 1876, Magister Artis 1880). Seit 1875 war er Mitglied im Royal College of Physicians of London und im Royal College of Surgeons von England. Nachdem er eine relativ kurze Zeit in Durham praktiziert hatte, zog er sich schon 1878 als Privatier zurück und wohnte auf Yew Tree Hall, Forrest Row [sic!], Essex (John und J. A. Venn [Hrsg.], Alumni Cantabrigienses. A Biographical List of All Known Students, Graduates and Holders of Office at the University of Cambridge, from the Earliest Times to 1900. Vol. 2: From 1752 to 1900, part 1: Abbey-Challis. Cambridge 1940, S. 169). Thomas Walter Barron war Mitglied der British Numismatic Society (British Numismatic Journal, 1905, S. 514) und wurde im Jahre 1907 auch Fellow der Royal Numismatic Society.
Detlef Tietjen belegt den Inhaber der hochbedeutenden 'Sammlung Griechischer Münzen' mit dem Namen 'Virzi'. Gemäß Matthias Barth (Jahrbuch für Numismatik und Geldgeschichte 60, 2010, S. 297) dürfte es sich hierbei um Ignazio Virzi (* 1852, † 1907) handeln, aus dessen Nachlass Jacob Hirsch bereits im November 1907 und im Mai 1910 Münzen versteigert hatte.
Dr. Gustav Philipsen (* 1853, † 1925), Kopenhagener Buchhändler, Stadtrat und Mitglied des dänischen Reichstags, sammelte archäologische Objekte und griechische Münzen. Als Käufer ist er bereits für das Jahr 1884 dokumentiert, als er die in Marmor gearbeitete römische Porträtbüste einer Frau aus dem 2. Drittel des 1. Jahrhunderts n. Chr. an einer Auktion erstand. Der Sammler überließ diese Skulptur 1925 als Geschenk der Ny Carlsberg Glyptothek in Kopenhagen. Seine numismatische Sammlung und Bibliothek wurde in mehreren Partien durch Dr. Jacob Hirsch versteigert (Auktion vom 28.5.1906, diese anonymisiert ausgewiesen mit der Provenienzangabe 'aus dem Besitze eines nordischen Amateurs'[siehe unsere Kat.-Nr. 4016] sowie die mit Nennung des Sammlernamens und -wohnorts durchgeführten Auktionen vom 29.11.1909 [siehe unsere Kat.-Nr. 4025 und den vorliegenden Katalog]) und vom 14.-15.11.1912. Seine Bücher kennzeichnete Gustav Philipsen mit einem Exlibris (Ex libris. Buchkunst und angewandte Graphik 7-8, S. 95). (Nachruf: Numismatic Chronicle 1926, S. 21).
Auf dem Spiegel des Vorderdeckels ein Exlibris für Dr. med. Louis (August) Naegeli (* 1858 in Rapperswil, Kanton Sankt Gallen, † 1951 in Zürich, nach seiner Eheschließung auch den Doppelnamen Naegeli-Schubiger führend). Er erwarb 1880/81 an der St. Galler Kantonsschule die Matura und studierte sodann Medizin, anfangs in München (Amtliches Verzeichnis des Personals, der Lehrer, Beamten und Studierenden an der königlich-bayerischen Ludwig-Maximilian-Universität zu München, Winter-Semester 1881/82, München 1881, S. 69), sodann in Zürich (Eintrag für das Wintersemester 1882/83, siehe: https://www.matrikel.uzh.ch/active/static/15577.htm) und in Bern (Universität Bern. Lehrer, Beamte & Studierende im Sommer-Semester 1882, Bern 1882, S. 24; Dto., ... im Sommer-Semester 1884, Bern 1884, S. 24). An der Universität der Eidgenössischen Hauptstadt wurde er mit seiner Dissertationsschrift 'Ueber den Einfluss der Pilze auf die Bildung von Riesenzellen mit wandständigen Kernen' 1884 zum Dr. med. promoviert. Wann er sich dem Münzensammeln zugewandt hat, lässt sich nicht klar bestimmen, doch begegnet er als Mitglied der Bayerisch-Numismatischen Gesellschaft. Zudem trat er der Schweizerischen Numismatischen Gesellschaft bei. Nach der Rückkehr in seine Heimatstadt praktizierte er dort über lange Jahre als Augenarzt, bevor er 1914 nach Zürich zog (Bulletin des Eidgenössischen Gesundheitsamtes 1914, S. 284, S. 287), wo er als städtischer Schulaugenarzt wirkte. In der Stadt an der Limmat initiierte 1914 einen Zirkel münzkundlich Interessierter, den er gemeinsam mit seinen 4 weiteren Mitstreitern (dem Numismatiker Friedrich Imhoof-Blumer, dem Nationalrat Johannes Blumer-gloff, dem am Schweizerischen Nationalmuseum beschäftigten Emil Hahn und dem damaligen Bibliothekar und späteren Direktor der Stadtbibliothek Zürich, Dr. Felix Burckhard) gründete. Daraus ging die die heute noch bestehende 'Freie Vereinigung der Zürcher Numismatiker' hervor (Dietrich Schwarz, 50 Jahre Freie Vereinigung Zürcher Numismatiker, in: Schweizer Münzblätter, Heft 51/54, Mai 1964, S. 109-111, hier S. 109). Diese verlieh ihrem Gründer anlässlich seines 90. Geburtstages im Jahre 1948 die Ehrenmitgliedschaft.